„Schuld“ – ein brisantes Stück DDR-Geschichte

Autorenlesung und Zeitzeugenveranstaltung an der Heinrich-Mann-Schule anlässlich des 25. Jahrestages der Wiedervereinigung

Einen besonderen Abend in der Schule erlebten Schüler der Oberstufe der Heinrich-Mann-Schule sowie interessierte Bürger der Stadt Dietzenbach, die der Einladung der Schule gefolgt sind. Die bekannte Autorin Grit Poppe las aus ihrem Roman „Schuld“, der das Thema Verrat im Schatten der Mauer hat und wurde von Detlef Jablonski begleitet, der diese Zeit hautnah miterlebte und ganz authentisch von seinem Leben zwischen den Welten berichtete. Diese besondere Geschichtsstunde war eine Kooperationsveranstaltung mit Gegen Vergessen Für Demokratie e.V., gefördert mit den Mitteln der Bundesstiftung für Aufarbeitung der SED-Diktatur sowie der Hessischen Staatskanzlei.
Grit Poppe, die selbst durch die Opposition ihres Vaters zum Staat der DDR unter Repressalien zu leiden hatte, las in der ersten Hälfte der Veranstaltung aus ihrem Roman, der zwar fiktiv, aber dennoch mit zahlreichen Informationen von Zeitzeugen gesteckt, ist. In ihrem Roman geht es um Jana, die sich in den republikkritischen Jakob verliebt. Dieser verteilt Flugblätter für Reisefreiheit, wird erwischt und wird in den Jugendwerkhof Torgau eingewiesen. Hier soll er unter Einfluss von körperlicher und psychischer Gewalt umerzogen werden. Erst Jahre später als Jana ihre eigene Stasi-Akte zu lesen bekommt, wird klar, wer ihren Freund verraten hat und damit Schuld“ an ihrem und Jakobs Schicksal trägt.
Was in Poppes fiktivem Jugendroman Thema ist hat Detlef Jablonski in der Realität erlebt.
Persönlicher wurde es in der zweiten Hälfte, als Jablonski, der mittlerweile als Liedermacher tätig ist, die Schüler zu Fragen aufforderte und mit ihnen in ein lebhaftes Gespräch gekommen ist. Er schilderte unumwunden sein eigenes Schicksal: geboren im Frauengefängnis Jerichow, zwangsadoptiert, aufgewachsen bei gewalttätigen Pflegeeltern, wollte er zu seiner leiblichen Mutter nach Westdeutschland fliehen jedoch missglückten zwei Fluchtversuche und Jablonski wurde in Haft genommen. Dabei saß er dann zusammen mit „Kriminellen, Kinderschändern und Wahnsinnigen“ in einer Zelle, dabei wollte er nur zu seiner Mutter. Als Konsequenz kam er in verschiedene Jugendwerkhöfe, Erziehungsheime und wurde fortan von der Stasi überwacht. 1987 wurde sein Ausreiseantrag genehmigt, und seitdem arbeitet er in Westberlin. Doch seine Vergangenheit lässt ihn bis heute nicht los, noch immer hört er die „Ostklingel und das Schlagen der Türen im Knast“, doch er habe gelernt, damit besser umzugehen.
„Es war beeindruckend, wie offen Detlef Jablonski über sein eigenes Schicksal berichtete, so konnte man sich die Zeit der DDR viel besser und bildlich vorstellen“, so eine Schülerin.